Humanitäre Hilfe vor der eigenen Haustür

Was ist Erfolg? Eine aktiv herbeigeführte, positive biografische Disruption in Sachen des Erreichens persönlicher Ziele – schreibt etwa wikipedia, sinngemäß. Ob meine lange und bunte berufliche Geschichte schlussendlich eine so genannte Erfolgstory ist, bezweifle ich bis heute deutlich. Aber so heißt die Rubrik hier nun einmal. Meine Berufsbiografie ist zumindest eine Geschichte, die auch mit Witzenhausen und der GNE zu tun hat. Und ich bin inzwischen sehr zufrieden.

Ich habe Anfang bis Mitte 2020 in Witzenhausen den regulären IPM-Kurs besucht („Coordination of International Project Management in Development Cooperation and Humanitarian Aid“): IPM 2020 I. Diese Station, immerhin sieben Monate meines Berufs- und Bildungslebens, hatte ich zuvor sehr sorgsam ausgewählt und in die Wege geleitet, über ein Funding der Arbeitsagentur. Mein vorrangiges Interesse galt hier der Projektarbeit in der humanitären Hilfe. In Deutschland ist die GNE Witzenhausen (GNE WIZ) in dieser Hinsicht (Kompakt-Aus- und -weiterbildung Projektmanagement für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe) nach meiner Einschätzung und nach meinen Recherchen: singulär. Wer hier dazulernen, ein ordentliches Zertifikat erwerben, und dafür in Deutschland bleiben möchte: muss am Ende nach Witzenhausen kommen, welches zudem in etwa genau in der geografischen Mitte des Landes liegt.

Mein eigentlicher beruflicher Hintergrund, der eines nunmehr 50+-jährigen (für die Vermittler:innen der Arbeitsagentur eher Risikogruppe…) ist ein ganz anderer. Ich bin Sozialwissenschaftler mit einem Diplom und vor längerer Zeit an einer Journalistenschule zum Redakteur und Autor ausgebildet worden. In diesem Beruf, Journalist, habe ich auch sehr lange gearbeitet, incl. einer Station als Pressesprecher. Das war alles soweit gut. Irgendwann hatte ich aber keine Lust mehr auf Medien. Ich war auf beruflicher Sinnsuche – und bin irgendwann auf NGOs/non profit, Soziales und Humanitäres gekommen.

2015 war – wg. Angela Merkels „Wir schaffen das“ – ein goldenes Jahr für Quereinsteiger, die sich spontan für Unterkunftsarbeit in der Flüchtlingshilfe interessiert haben. Ich war von Anfang an dabei, habe zunächst für Hilfsorganisationen wie Johanniter und ASB sowie später auch für die Stadt Hamburg (meine Heimatstadt) in diesem Bereich gearbeitet. Die Erfahrung war sehr gut. Ich habe mich sukzessive im Feld professionalisiert, sowohl im so genannten Unterkunftsmanagement (CCCM incl. NFI & FI) als auch im Sozialmanagement (PHSS).

Aber ich wollte nach ein paar Jahren dieser Arbeit noch mehr über humanitäre Hilfe lernen, über kürzere Fortbildungen hinaus, die zudem viel Geld kosten. Mir war klar, dass es bei allem von mir beruflich ja auch nachgewiesenen Interesse an humanitären Fragen auch darum geht, die Sprache, die Netzwerke, die Geber der Budgets und die Standards der nationalen und internationalen Welt der humanitären Zusammenarbeit zu verstehen. IPM 2020 I in Witzenhausen war hier ein perfektes Match. Ich hatte richtig Lust, einmal wieder länger zur Schule zu gehen.

Unser IPM 2020 I-Kurs wurde wg. der – im März 2020 ja für alle komplett neuen! – Corona-Gesetzgebung allerdings abgebrochen und ins Homeoffice verlagert. Für die Wahlstation (Praktikum) hat es niemand von uns ins Ausland geschafft – trotz „I“PM. Ich wollte auch gehen, hatte schon ein Engagement für eine in Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln aktive NGO in petto. Aber die Coronarestriktionen machten solche Vorhaben einfach unmöglich, auch in Griechenland.

Dann hat mich spontan  – für die Wahlstation (Praktikum) – ADRA Deutschland e.V. genommen. Das war eine ganz andere Sache als Feldarbeit im Ausland, aber insgesamt sehr gut. Die wollen genau das, was man im IPM GNE WIZ 2020 I so lernt. Ohne diese oder vergleichbare Kenntnisse wäre ein Praktikum dort unmöglich. Ich kann ADRA daher für alle GNE-IPM-Stationen-Suchenden nur sehr empfehlen, die sind so freundlich wie kompetent, eine Premium-Adresse für ernsthaft interessierte Humanitarians und Entwicklungszusammenarbeiter. Ein Jahr später haben sie (ADRA) mir sogar einen richtigen Job angeboten: 2021 war ich mit Projektarbeit/Projektmanagement der Verteilung von Spendengeldern aus „Aktion Deutschland hilft“-Budgets (ADH, ADRA ist dort im Netzwerk) für betroffene soziale Projekte und Institutionen in den Flutkatastrophengebieten in NRW und RPL beschäftigt.

Ich bin allerdings, qua Profil und persönlich-fachlichen Vorlieben, kein reiner Projektmanager, der am Schreibtisch einfach die ihm zugewiesenen Anträge, Reports und Tabellen bearbeitet. Auch deshalb bin ich nun (2022) zunächst wieder in meinen Beruf als Unterkunftsverwalter und Sozialberater in der Hamburger Flüchtlingsarbeit zurückgekehrt, derzeit für das Rote Kreuz (DRK). Mein Zertifikat von der GNE WIZ, seit Sommer 2020 ganz oben auf meinen Bewerbungsunterlagen, bringt mir auch hier viel Ehre ein. Und damit irgendwie auch Erfolg. Mir werden mittlerweile Leitungspositionen angeboten sowie auch interessante fachlich-verantwortliche Aufgaben, die ich früher nicht bekommen hätte, und wo in den Ausschreibungen schon drinsteht: Erfahrung im Projektmanagement erwünscht.

Derzeit – 2022 – interessiere ich mich aus nachvollziehbaren Gründen vor allem für die Ukraine-Flucht-Krise. Es ist wie 2015, als für mich alles anfing: eine humanitäre Lage vor der eigenen Haustür. Das, was nach IPM GNE WIZ kam, war dann am Ende doch eine Erfolgsstory – für mich persönlich. Ich bin zufrieden. Allein das zählt. In den Südsudan, nach Griechenland oder nach Syrien kann ich künftig ja immer noch gehen, auch dank meines Zertifikats der GNE WIZ. Wir werden sehen.

Sebastian Lehmann, IPM 2020 I

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