UNTERWEGSGESCHICHTEN (3)

2e1ax_default_entry_1939548_10152670423014278_246478238_oAus einem mach zwei, mach drei? 
Die Geschichte meines Praktikums

Offiziell fing meine Praktikumszeit im vergangenen Oktober 2013 an. Was seitdem passiert ist, war weder geplant noch vorhersehbar. Und so begann alles…

Ich bewarb mich Ende August initiativ bei der GIZ Bangladesch. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon eine Zusage für ein Inlandspraktikum, wollte aber trotzdem noch anderen Möglichkeiten nachgehen. Ich entdeckte das Projekt „Justiz- und Gefängnisreform zur Förderung der politischen Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung“ auf dem Internetportal der GIZ unter der Rubrik „Weltweit“. Der Name ist zwar sperrig und man muss mindestens zweimal nach Luft schnappen ehe man ihn komplett gelesen hat, aber mich hat er sofort angesprochen.

Das Programm ist nach Afghanistan das größte Vorhabend er GIZ in Asien und wird derzeit von der Deutschen, Britischen und Spanischen Regierung finanziert. Einzigartig ist nicht nur die Tatsache, dass das Programm seit 2012 ein beeindruckendes upscaling erlebt hat (von ursprünglich fünf auf mittlerweile ca, 50 Mitarbeiter). Was es so besonders macht, ist viel mehr die Vorgehensweise: von der Konfliktmediation, die verhindert das Fälle zu Fällen der Strafjustiz werden bis über die Arbeit in Gefängnissen mit Untersuchungshäftlingen, die noch  nicht rechtskräftig verurteilt sind und Rechtsbeistand brauchen bis hin zu Maßnahmen der Rehabilitation, die auf eine Senkung der Rückfallquote abzielt. Das Programm bearbeitet alle Bereiche gleichzeitig. Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, national wie international sind aktiv darin eingebunden.

Das hat mich fasziniert und deswegen habe ich mich riesig gefreut als ich eine Zusage erhielt. Das mir bisher recht unbekannte Bangladesch begann plötzlich an Konturen zu gewinnen, denn ich hatte mir bis dato wenig Gedanken über das Land gemacht. Ich wollte das Projekt!

Um die Zeit zwischen dem Praktikumsbeginn und dem GNE-Kursabschluss zu überbrücken, absolvierte ich ein „Zwischenpraktikum“ beim DITSL Witzenhausen. Dieses war zwar kurz, aber sehr lehrreich und ich kann ein Praktikum beim DITSL aufgrund der hervorragenden Betreuung, der tollen Arbeitsatmosphäre und dem täglichen dreifachen Espresso aus der Cafeteria nur weiterempfehlen.

Doch dies alles liegt nun wahnsinnig weit weg…

Bangladesch ist in jeder Hinsicht überwältigend. Es über/-fordert alle Sinne regelmäßig und gnadenlos. Im November und im Dezember 2013 flogen hier im Vorfeld der Wahlen im wahrsten Sinn des Wortes die Fetzen. Die zwei Dauer-Rivalinnen und Anführerinnen der wichtigsten politischen Lager kämpften wieder um die Wählergunst und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Unsicherheit und Angst habe ich trotzdem nie gespürt, dafür sorgten sowohl die GIZ mit ihren ausgeklügelten und effizienten Sicherheitssystemen, als auch die liebevollen einheimischen Kollegen.

Als ich gerade anfing mich an die regelmäßigen SMS über neueste Bombenexplosionen zu gewöhnen (die ich auch ohne SMS mitbekommen hätte) entschied das Landesbüro sicherheitshalber uns Praktikanten bis auf weiteres nach Nepal zu evakuieren. Richtig: Praktikumsort Nummer drei in drei Monaten!

Nach der Ankunft in Kathmandu wurde ich dem Sub National Governance (SUNAG) Programm zugeordnet. Die Kollegen waren Spitze und das Land…naja, das verrate ich lieber nicht. Das Land hat auch ohne mein Zutun bereits ein Touristenproblem.

Und nun?  Nach einigem Hin und Her kündigten die Projektleiter in Bangladesch Mitte Januar an, dass wir nach Dhaka zurückkehren dürften. Die Wahlen im Land hatten Anfang Januar stattgefunden und die Lage war als sicher genug eingestuft worden um uns ins Land zurück zu holen. Die endgültige Entscheidung sollte ich allerdings selber treffen. Schließlich war den Projektleitern klar, dass ich mich innerhalb kürzester Zeit nicht nur an völlig andere Länderkontexte, sondern auch an anders funktionierende Programme gewöhnen musste. Doch es gibt nur wenige Sachen die mir mehr liegen als Herausforderungen aller Art. Und so konnte weder die maßlose Schönheit Nepals noch meine Liebe für die Berge und das Wandern, mit dem Reiz und der Motivation, ein aktiver Teil des Programmes in Bangladesch zu sein, mithalten.

Seit vier Wochen bin ich nun wieder in Dhaka und wie jeder andere Bideshi (Ausländer) habe auch ich eine Hass-Liebe zu diesem Land entwickelt. Zum Hass tragen Lärm, Schmutz, Staub, Gestank und die unglaublich hohe Besiedlungsdichte bei. Die Liebe hat es deutlich schwieriger. Oft versteckt sie sich in rauer Materie, in bewegten Szenen und in krassen Widersprüchen. Am ehesten und am deutlichsten empfinde ich Liebe, wenn ich mit den Menschen hier agiere, wenn ich Zeugin ihres ehrwürdigen Überlebenskampfes werde.

Ohne die Weiterbildung in der GNE wäre ich sicherlich weder nach Bangladesch gekommen noch wäre ich jetzt Teil dieses einzigartigen Vorhabens. Die Weiterbildung war eine sehr gute Vorbereitung auf die Welt der Entwicklungszusammenarbeit und ich nutze im Moment diese einmalige Chance, um vieles von dem Erlernten in die Praxis umzusetzen und dabei gezielt meine Interessen und Fähigkeiten auszubauen. Dass ich nebenbei auch einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Lage Bangladeschs leisten darf, motiviert mich umso mehr. Und den ausgezeichneten dreifachen Espresso kriege ich auch hier!

 

Elizabeth Arias- von Radecki

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Fotos der Theateraufführung des Rule of Law Programmes

 

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